Presse 2013
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Der Inklusions-Knick
Förderzentrum führt sinkende Anmeldezahlen auf Debatte um gemeinsames Lernen zurück
am 15.01.2013 in der PNP
Förderung nach Plan bekommen die Kinder der schulvorbereitenden Einrichtung des Förderzentrums, hier eine der beiden Gruppen mit Heilpädagogin Anita Schiermeier. Doch die Pädagogen haben festgestellt: Immer mehr Eltern schicken ihre Kinder erst kurz vor der Einschulung. − Foto: Jäger
von Julia Ried
Eltern von Kindern mit besonderem Förderbedarf haben seit August 2011 die Wahl: Sie können ihre Kinder auf ein Förderschule schicken oder aber auf eine Regelschule; denn "Inklusion" von Buben und Mädchen mit Handicaps ist nun offiziell Aufgabe aller Schulen. Immer wieder melden sich seitdem Bildungspolitiker zu Wort, die zum gemeinsamen Lernen aller Kinder raten.
Dies hat auch in Passau Folgen, wie die Mitarbeiter des sonderpädagogischen Förderzentrums (SFZ) festgestellt haben: Sie bemerken erstmals einen "deutlichen Rückgang" bei den Anmeldezahlen für die schulvorbereitende Einrichtung (SVE), wie Konrektor Stefan Bauer sagt.
"Es ist ganz klar, dass sich Eltern zunehmend scheuen, ihre Kinder zu uns zu geben", schildert die heilpädagogische Förderlehrerin Anita Schiermeier, die eine der beiden SVE-Gruppen leitet. Ihr und ihren Kollegen fällt zudem auf, dass die Kinder immer öfter kurz vor der Einschulung kommen − dann aber ist es aus Sicht der Experten meist zu spät, um eine verpatzte Schullaufbahn zu vermeiden.
Konrektor Bauer betont: "Inklusion sollte eine nicht in Frage zu stellende Selbstverständlichkeit sein." Allerdings müssten Einrichtungen, die Kinder mit Entwicklungsverzögerung auf die Schule vorbereiten, auch darauf eingestellt sein. "Komplizierte Herzoperationen werden auch in speziellen Kliniken durchgeführt und nicht im Kreiskrankenhaus", sagt Bauer. In der SVE etwa betreuten speziell ausgebildete Fachkräfte die Mädchen und Buben in einer kleinen Gruppe von maximal zehn Kindern nach einem individuellen Förderplan. Sie trainierten beispielsweise Sprachvermögen, Wahrnehmung, Gedächtnis und Konzentration, Grob- und Feinmotorik, aber auch ihre Gruppenfähigkeit.
Der Förderplan kann auch in die Regelschule führen, wie Schiermeier an einem Beispiel erzählt: Als die kleine Carolin aus Passau vor mehr als drei Jahren zu ihr gekommen sei, habe sie so schlecht gesprochen, dass sie sie kaum verstanden habe. Zudem sei sie ängstlich und unsicher gewesen. Heute sei die jetzt Sechsjährige Gleichaltrigen sprachlich sogar voraus: "Sie spielt mit Wörtern, sie spielt mit Sprache". Und beim Kinderturnen schicke sie ihre Mutter inzwischen sogar hinaus. Ab dem Herbst dieses Jahres werde Carolin eine Grundschule besuchen.
INFO: SVE