Presse 2016
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Keine Angst vor großen Themen
Blattmacher - der Schülerzeitungswettbewerb 2016
Die 18 besten Schülerzeitungen Bayerns beschäftigten sich mit Flucht,
Angst, Vertreibung - und Beauty. Weiterhin dominieren gedruckte
Ausgaben, doch für digitale Magazine gibt es Pilotprojekte
am 15.07.2016 in der Süddeutschen Zeitung
Von Anna Günther
Solche Gänsehaut-Momente gibt es wohl selten im HvB-Tower am
Arabellapark. Die Münchner Artistentruppe um David Rashid bewies,
wie dehnbar und flexibel der menschliche Körper sein kann. Und
die 40 Mitglieder des Tanzprojekts Sarré verwandelten den grauen
Teppich des Veranstaltungssaals in eine vibrierende Bühne: Sie
tanzten und stampften im Stechschritt zu Michael Jacksons
Protest-Hymne "They don't care about us", während an die Wand
projizierte Fotos von Flüchtlingen an deren Hoffnung und Schicksal
erinnerten. Die Tänzer setzten das große Thema der vergangenen
Monate musikalisch um. Auch einige der 18 besten bayerischen
Redaktionen, die zur Siegerehrung des Schülerzeitungswettbewerbs
Blattmacher nach München gereist waren, beschäftigten sich mit
Flucht und Vertreibung - in Geschichten und Fotos.
Den Wettbewerb richtet die Süddeutsche Zeitung heuer zum elften Mal
zusammen mit dem bayerischen Kultusministerium und der
Hypovereinsbank aus. Wieder kürte eine Jury aus Journalisten,
Lehrern, Schülern und Experten aus Wirtschaft und Politik die besten
Magazine von Grund- und Mittelschulen, Realschulen, Förderschulen,
Gymnasien und beruflichen Schulen. Die Redaktionen der drei besten
Magazine aus jeder Kategorie durften schließlich nach München reisen
und konnten ihre Redaktionskasse mit 200, 300 oder 500 Euro für die
Sieger aufbessern. Für Anne Gfrerer, die Leiterin Corporate
Reputation der Hypovereinsbank, ist die Förderung junger
Journalisten eine Investition in die Zukunft. "Ihr lernt
Qualitätsjournalismus, auch wenn ihr längst über Snapchat und sonst
was kommuniziert", sagte Gfrerer.
Auffallend viele Schülerzeitungsredaktionen beschäftigten sich in
diesem Jahr in ihren Ausgaben mit Flüchtlingen. Sich an komplexe und
vielschichtige Themen wie Flucht, Ängste oder Fremde zu wagen,
zahlte sich für die Jugendlichen aus: Vier der sechs Siegerhefte
widmen Texte oder gar Schwerpunkte dem Schicksal der Zuwanderer,
ihren Erlebnissen auf der Flucht und dem neuen Leben in der Fremde.
Die Redaktion des Zoom von der Freisinger Fach- und Berufsoberschule
entschied sich sogar dafür, dem Thema die Titelstory und auch das
Coverfoto zu geben. Zahra Lalzad lieferte dafür nicht nur ihr
Lächeln, sondern schrieb auch über die Erfahrungen anderer
Flüchtlinge und deren Erlebnisse.
Sie selbst kam 2011 mit dem Flugzeug aus Afghanistan. In den
Gesprächen sei ihr bewusst geworden, wie leicht ihre Reise im
Vergleich war. "Ich dachte immer, mir ist etwas Unfaires passiert,
aber andere hatten es viel schlechter", sagte die 20-Jährige. Am
Leben in Deutschland schätze sie besonders, dass sie im Bikini ins
Schwimmbad gehen kann und ihre Meinung frei äußern darf. Dass sie
schlagfertig ist, bewies Zahra Lalzad prompt auf der Bühne. Auf die
Frage, wie es ihr denn so gehe in Deutschland, entgegnete die junge
Frau: "Na, haben Sie etwa unser Heft nicht gelesen?" Auch die
jüngsten Sieger, die Redaktion des Rotstiftvon der Grundschule
Tussenhausen im Unterallgäu wagten sich an das Thema, etwa mit der
Erzählung einer Oma von ihrer Flucht vor Jahrzehnten. Eine Gruppe
Flüchtlinge war vor Monaten in ihr Dorf gezogen und die Grundschüler
nutzten wie große Journalisten die Gelegenheit, sich diese Menschen
und ihre Geschichten genauer anzusehen. Den etwas anderen Blick auf
das Thema zeigt der Titel des Heftes "Eine Welt". Darin wagen sich
die Grundschüler weit ins Digitale vor: Wer den abgedruckten QR-Code
scannt, landet auf der Rotstift-Homepage, wo die Texte zu finden
sind, die nicht mehr im gedruckten Heft stehen. Auch
Schülerzeitungen haben Redaktionsschluss. Das Internet nicht. Für
SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach ist das längst Alltag: "Ich lese
eigentlich rund um die Uhr - die gedruckte Zeitung, digital auf dem
Smartphone und im Internet." Gerade in Zeiten, in denen viel
passiere, wie aktuell nach dem Attentat in Nizza, gebe es kaum
Phasen, in denen er nicht lese.
Die Preisträger
Grundschulen: 1. Rotstift, Grundschule Tussenhausen; 2. Der kleine
Hai, Grundschule Haimhausen; 3. Gänseliesell Post, Grundschule an
der Gänselieselstraße München. Mittelschulen: 1. Wallburg Express,
Georg-Göpfert-Mittelschule Eltmann; 2. The Sommer Time(s),
Mittelschule Schrobenhausen; 3. Linden-News, Lindenschule Memmingen.
Förderschulen: 1. Kunterbunte Schatztruhe, Hans-Bayerlein-Schule
Passau; 2. BBS Spickzettel, Förderschule Nürberg; 3. MES-Kurier,
Mathilde-Eiler-Schule München,
Realschulen: 1. Egon, Staatliche Realschule Hilpoltstein; 2. Die
Idee, Maria-Ward-Realschule Mindelheim; 3. Pen(n)house, Realschule
an der Salzstraße Kempten.
Gymnasien: 1. Ventil, Deutschherren-Gymnasium Aichach; 2. Globus,
Johann-Schöner-Gymnasium Karlstadt; 3. PEER plus, Egbert-Gymnasium
Münsterschwarzach.
Berufliche Schulen: 1. Zoom, Fachoberschule und Berufsoberschule
Freising; 2. WortWechsel, FOS/BOS Erding; 3. Boscop, BOS München.
Für den Bildungsstaatssekretär Georg Eisenreich liegt in einem Rund-um-die-Uhr-Konzept wie diesem die Zukunft der Schülerzeitungen. "Es wird künftig weiter gedruckte und digitale Ausgaben geben, aber das entscheiden die Schüler selbst", sagte er. Noch erscheint die große Mehrheit der Schülerzeitungen auf Papier. Damit sich mehr Redaktionen in die digitale Welt trauen, bieten SZ, Kultusministerium und die Bundesvereinigung Jugendmedienbildung Workshops an. Wenn es um rechtliche und technische Fragen geht, können auch Digital Natives noch etwas lernen.